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Dinnebier LandConcept
Analyse. Strategie. Beratung.
Dr. Antonia Dinnebier
Landschaftsarchitektin
Lüntenbeck 1 b
42327 Wuppertal
Fon 0202/870 25 92
Fax 0202/870 25 93
dinnebier@landconcept.de
Dinnebier LandConcept . Lüntenbeck 1 b . 42327 Wuppertal
Stadt Wuppertal
GB 1.1
Herrn Rothgang
42269 Wuppertal
21. August 2002
Wuppertaler Agenda 21 – Ihr Brief vom 25.6.2002
Sehr geehrter Herr Rothgang,
vielen Dank für die Information des Deutschen Werkbund NW über den Stand der Agenda 21 in Wuppertal. Gern beteiligen wir uns an dem Diskussionsprozess um das Handlungsprogramm Zukunftsfähiges
Wuppertal 200/2001 – Abschlußbericht.
Im anliegenden Schreiben nehme ich als 2. Vorsitzende des DWB NW Stellung für unseren Bund.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Antonia Dinnebier
Stellungsnahme des Deutschen Werkbund Nordrhein-Westfalen
zum Abschlussbericht des Handlungsprogramms Zukunftsfähiges Wuppertal
Wir aus Ihrem Bericht hervorgeht, hat
die Agenda in Wuppertal Einiges, im Einzelnen sogar Beachtliches erreichen
können. Ohne die Leistungen hier detailliert zu bewerten, heben wir im Folgenden
einige grundsätzliche Aspekte für die Fortschreibung hervor:
Zur Verfahrensweise
- Bedauerlich freilich ist die Vorstellung des Stadtrates, das Projekt mit diesem Bericht abzuschließen.
Kontinuität ist eine wichtige
Voraussetzung für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit auch auf der Ebene der lokalen
Agenda. Der Gedanke der Nachhaltigkeit muss ganz im Gegenteil langfristig
verfolgt und zum wichtigen Kriterium sehr vieler Projekte in der Stadt werden.
- Ein Berichtssystem kann ein wichtiger
Beitrag zur Verfolgung langfristig gesetzter Ziele sein. Die Ziele und
Nachhaltigkeitsindikatoren werden letztlich politisch festgelegt, sollten
jedoch nicht der Kurzfristigkeit des politischen Tagesgeschäftes ausgesetzt
werden. Die Erstellung der Berichte obliegt den einzelnen Fachverwaltungen. Die
Zusammenfassung zu einem gemeinsamen Statusbericht ist damit aber nicht
hinfällig, im Gegenteil erhöht sie die Aufmerksamkeit bei Politik und
Öffentlichkeit. Sie ist ebenso wie die Überprüfung der Kriterien und ihrer
Erfüllung sinnvollerweise von einem Agenda-Büro zu leisten bzw. zu koordinieren
und zu sammeln.
- Nicht ganz von der
Hand zu weisen ist der Eindruck, es handele sich bei der Agenda um eine Zusatzaufgabe
mit Luxusstatus. Die weitere Implementierung
des Agenda-Gedankens ins städtische Handeln sollte daher für die Zukunft
noch stärker ins Auge gefasst werden.
- Ziel orientierte Diskussionsprozesse
sind fruchtbar. Diskussionen sollten
auf Beschlussfassung und Handlung angelegt sein und nicht jedoch zu
Dauerdiskussionsprozessen ausarten. Der Leitbildprozess ist ein Beispiel dafür,
dass Diskussionen sofort eingestellt sollten, wenn Konsenzbildung um Ziele nur
durch schwerwiegende Verflachung der Inhalte zu erreichen ist.
- Die Bemühungen,
Bürger zu informieren, sie aktiv in Planungsprozesse einzubinden, ist ein
ermutigender Anfang. Er wird aber nur dann zur gewünschten Bürgerorientierung
und Stadtteilbelebung führen, wenn er Folgen hat, d.h. Handlungen nach sich zieht. Sonst denunzieren sich
Diskussionsprozesse als Laberei.
Künftige Themen
Gerade in Zeiten knapper Kassen, wie
wir sie gegenwärtig erleben, geraten die Ziele des Agenda-Dreiecks leicht in
Gefahr, gegen einander ausgespielt zu werden. Die Bedeutung des
Agenda-Prozesses sollte aber unter dem steigenden Druck finanzieller Engpässe
steigen, statt zu sinken. Wir halten unter diesen Bedingungen folgende Themen
in Wuppertal für besonders wichtig:
- Fortsetzung und
Steigerung des Flächenverbrauchs,
- Zurückgewinnung der
großen Bahn- und Militärflächen für
die Stadt,
- Umgang mit dem
steigenden Gebäudeleerstand durch
Renovierungsrückstand, Bevölkerungsrückgang und veränderte Wohnansprüche,
- Schaffung bzw.
Sicherung von Arbeitsplätzen.
- Agenda ist, wenn die Lösung dieser
Probleme in Verbindung miteinander gesucht wird.
Bilanz zum
flächenverbrauch
Als neuen Vorschlag bringen wir die
Idee einer Bilanzierung des Flächenverbrauchs in Wuppertal ein. Die Inanspruchnahme neuer Flächen für
Bauzwecke (Wohnen, Gewerbe, Infrastruktur) geht im Wesentlichen auf Kosten der
Landwirtschaft. Die Geschwindigkeit des Flächenverbrauchs lässt eine Zukunft in
Sicht rücken, die von Wald und Bebauung geprägt ist. Dem steht das großflächige
Brachfallen von innerstädtischen Flächen
gegenüber, die nur sehr zögerlich in den Nutzungsprozess zurückgeführt werden.
So entsteht das Paradox einer Flächenknappheit für Gewerbe und Einfamilienhäuser
bei gleichzeitiger Zunahme der Stadtbrachen im Umfang mehrerer Hundert Hektar.
Flächenrecycling kann hier ein wichtiger Beitrag sein,
die beiden Probleme anzuerkennen und Lösungen im Verbund zu finden. Die
Widerstände gegen diese Notwendigkeit sind bekannt: Besitzverhältnisse,
Altlasten, Notwendigkeit städtischer Vorleistungen zumindest durch
Verhandlungen. Andererseits sind verschiedene Förderprogramme für
Flächenrecycling abrufbar.
Es ist der Stadt zu empfehlen, sich nicht
nur in Vorworten von Programmen und Plänen zum Flächenrecycling zu bekennen,
sondern einen Bilanzierungsmechanismus einzuführen. Neuverwendung von Flächen
ist hierin der Rückführung "gebrauchter" Flächen gegenüber zustellen.
Angestrebt ist das Ziel eines
ausgeglichen Flächenhaushaltes. So muss die Neuansiedlung eines
Gewerbebetriebes beispielsweise nicht zwingend auf Brachen geschehen. Werden
hierfür neue Flächen in Anspruch genommen, kann das durch die Rückführung von
Brachflächen in Freiräume für Natur oder Erholung ausgeglichen werden.
Die Selbstverpflichtung zum Ausgleich
wäre ein Zeichen der Stadt an beide Seiten eines verhärteten Streits um den
Vorrang von Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen versus Schutz von Natur und
Landschaft.
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